Auswirkungen der Lieferkettenstörungen auf Autokauf und -Reparatur

Auswirkungen der Lieferkettenstörungen auf Autokauf und -Reparatur

Dr. Thomas Almeroth, Rechtsanwalt aus Friedberg/Hessen

28. Februar 2023

Seit Anfang 2021 hat die sog. Chipkrise, also die mangelnde Verfügbarkeit von Halbleitern, zu ersten Problemen nicht nur bei der Fahrzeugproduktion, sondern auch bei der Verfügbarkeit von Ersatzteilen im Aftersales geführt. Hinzu kommen die mit der Corona-Pandemie einhergehenden Beeinträchtigungen der Lieferketten vor allem zu Zeiten des Lockdowns, der allerdings weltweit in den autoproduzierenden Ländern zu sehr unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichem Ausmaß stattgefunden und deshalb verlässliche Planungen fast unmöglich gemacht hat. Seit Frühjahr 2022 hat sich die Situation durch den Krieg in der Ukraine zusätzlich verschärft. Die Produktionsziele vieler Autohersteller und Zulieferer mussten teils stark zurückgeschraubt werden, was zu teilweise enorm langen, bisher kaum gekannten Lieferzeiten für viele Modelle geführt hat. Dies betrifft zum einen viele Fahrzeuge mit alternativen Antrieben und höheren Automatisierungsstufen, aber auch andere elektronische Komponenten wie etwa neueste Infotainment- und Sicherheitssysteme, die teilweise nach wie vor nicht oder nur eingeschränkt lieferbar sind. Es seien hier beispielhaft Head-up Displays, Anzeigeinstrumente modernster Bauart oder Touchscreen Monitore genannt.

Autohersteller helfen sich teilweise damit, dass andere – zumeist einfacherer und/oder ältere Systeme – verbaut werden, um mit der Produktion nicht vollends in Hintertreffen zu geraten. Das ist verständlich und bei Lagerwagen oder wenn sich der Käufer eines Bestellfahrzeugs mit der Modifikation einverstanden erklärt, auch rechtlich unkritisch.

Wie sieht es aber rechtlich aus, wenn sich der Käufer nicht ausdrücklich mit der geänderten Ausstattung einverstanden erklärt hat oder wenn sich mangels Verfügbarkeit einer bestellten Ausstattungsoption die Lieferung auf unbestimmte Zeit verzögert? Wen beißen am Ende die Hunde: den Käufer, den Händler, den Autohersteller oder dessen Zulieferer?

Welchen Einfluss hat die mangelnde Verfügbarkeit eines Ersatzteils, falls dieses etwa zur Beseitigung eines Sachmangels oder für Garantiearbeiten benötigt wird?

Und welche Rechte hat ein Unfallgeschädigter wem gegenüber, wenn sein verunfalltes Fahrzeug nicht zeitnah repariert werden kann, weil ein entscheidendes Ersatzteil fehlt? Was ist Werkstätten und Schadenssachverständigen zu raten, die bei Auftragsannahme häufig die Lieferfähigkeit der benötigten Ersatzteile nicht sicher beurteilen können? Welche Auswirkungen hat die Verzögerung der Reparatur auf den Schadensersatzanspruch des Geschädigten, etwa auf Ersatz des Nutzungsausfalles oder der Mietwagenkosten?

Diese und andere Fragen im Zusammenhang mit den aktuellen Lieferkettenstörungen, mit denen die Automobilbranche wohl erstmals in dieser Dimension konfrontiert ist und die laut gut unterrichteter Kreise noch über das Jahr 2023 anhalten könnten, werden in dem Referat thematisiert. Da gefestigte Rechtsprechung dazu (noch) nicht existiert, sollen erste rechtliche Überlegungen angestellt und wichtige Ratschläge zum Umgang mit dem Problem geäußert werden.