Aktuelle höchstrichterliche Entscheidungen zum Kauf- und Leasingrecht

Aktuelle höchstrichterliche Entscheidungen zum Kauf- und Leasingrecht

Dr. Ralph Bünger, Bundesgerichtshof, Karlsruhe

14. Februar 2023

Der für den Autokauf und das Autoleasing zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auch im Jahr 2022 ein breites Spektrum wichtiger Fragen geklärt, die für die Autorechtspraxis von erheblicher Bedeutung sind.

Im Bereich des Autoleasings stand dabei – im Anschluss an das Grundsatzurteil des Senats vom 24. Februar 2021 (VIII ZR 36/20) – weiterhin die Frage eines Widerrufsrechts des Leasingnehmers bei Kilometerleasingverträgen im Mittelpunkt.

Im Kaufrecht waren insbesondere folgende Fragen zu entscheiden: Liegt im Falle des (gewerbsmäßigen) Ankaufs von Kraftfahrzeugen mit anschließender Vermietung an den Verkäufer im Rahmen eines sogenannten „sale and rent back“ ein verbotenes Rückkaufsgeschäft bzw. ein wucherähnliches Geschäft vor? Steht dem Käufer beim Verbrauchsgüterkauf ein Transportkostenvorschussanspruch auch dann zu, wenn der Verkäufer zu einer unentgeltlichen Abholung und Verbringung der Kaufsache zum Nacherfüllungsort bereit ist? Kann der Käufer einen kaufvertraglichen Anspruch auf Schadens-ersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) anhand der fiktiven Mangelbeseitigungskosten bemessen? Hat das Gericht im Rahmen der beim Nutzungswertersatzanspruch nach freiem Ermessen vorzunehmenden Schätzung ein Sachverständigengut-achten hinsichtlich der zu erwartenden Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs einzuholen?

In den beim Senat anhängigen kaufrechtlichen Dieselverfahren ging es insbesondere um die Klärung folgender Fragen: Darf der Tatrichter bei einem Ersatzlieferungsbegehren offenlassen, ob das bei Vertragsschluss maßgebliche Fahrzeugmodell noch hergestellt wird? Unterliegt beim Verbrauchsgüterkauf die Beschaffungspflicht des Verkäufers bezüglich eines Nachfolgemodells einer zeitlichen Begrenzung? Ist dem Autokäufer eine Fristsetzung zur Nacherfüllung vor der Erklärung des Rücktritts unzumutbar, wenn der Verkäufer erklärt hat, dass eine Softwarelösung zur Beseitigung einer unzulässigen Abschalteinrichtung erst in mehreren Monaten zur Verfügung stehen werde? Welche Substantiierungsanforderungen sind an den Vortrag des Fahrzeugkäufers hinsichtlich der Unzumutbarkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung zu stellen? Kann eine unzulässige Abschalteinrichtung als unerhebliche Pflichtverletzung nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB angesehen werden? Ist ein stillschweigender Verzicht auf den Einwand der Verspätung der Mängelrüge bzw. auf die Rechtsfolgen aus § 377 HGB bereits in einem Schreiben des Fahrzeugverkäufers zu sehen, mit dem er den Käufer über die Bereitstellung eines Software-Updates durch den Fahrzeughersteller unterrichtet und um die Vereinbarung eines – kostenlosen – Termins zum Aufspielen des Updates bittet.

Zu den Überlegungen, die hinter diesen und weiteren praxisrelevanten Entscheidungen des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zum Autokauf und Autoleasing stehen, wird Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bünger, der seit dem Jahr 2009 Mitglied dieses Senats und seit 2022 dessen stellvertretender Vorsitzender ist, beim 16. Deutschen Autorechts-tag vortragen.