Neues Gewährleistungsrecht nach dem Gesetz zur Umsetzung der EU-Warenkaufrichtline

Prof. Dr. Florian Faust, Bucerius Law School, Hamburg

15. Februar 2022

Am 1. Januar 2022 trat das Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags in Kraft, durch das die EU-Warenkaufrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt wurde. Es enthält außer Sonderregelungen für Verbrauchsgüterkaufverträge über Waren mit digitalen Elementen vor allem eine grundlegend neue Fassung des Sachmangelbegriffs (§ 434 BGB). Während bislang vertragliche Vereinbarungen gegenüber den objektiven Anforderungen an die Mangelfreiheit vorrangig waren, sind nun beide gleichrangig; die Sache muss also nicht nur der vertraglichen Vereinbarung entsprechen, sondern daneben auch den objektiven Anforderungen genügen.

Während sich das bei „normalen“ Kaufverträgen kaum auswirken wird, weil die objektiven Anforderungen durch einfache Vereinbarung abbedungen werden können, sind die Konsequenzen bei Verbrauchsgüterkaufverträgen gravierend. Denn hierbei ist nach § 476 Abs. 1 S. 2 BGB n. F. eine Abbedingung nur unter zwei Voraussetzungen möglich: Der Verbraucher muss vor Vertragsschluss eigens davon in Kenntnis gesetzt worden sein, dass ein bestimmtes Merkmal der Sache von den objektiven Anforderungen abweicht, und die Abweichung muss im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart werden. Sind diese Voraussetzungen nicht gewahrt, haftet der Verkäufer selbst dann, wenn der Verbraucher den Mangel bei Vertragsschluss kennt, denn § 442 BGB gilt bei Verbrauchsgüterkäufen nicht mehr (§ 475 Abs. 3 S. 2 BGB n. F.).

Welche Anforderungen an eine Vereinbarung i.S.v. § 476 Abs. 1 S. 2 BGB n. F. zu stellen sind, ist zweifelhaft: Ist sie durch AGB möglich? Muss eine gesonderte Vereinbarung für jede Abweichung von den objektiven Anforderungen geschlossen werden oder ist eine gesonderte Vereinbarung, die alle Abweichungen umfasst, ausreichend?

Vor allem aber erlangt durch die Neuregelung die Abgrenzung zwischen Vereinbarungen, die von den objektiven Anforderungen abweichen, und Vereinbarungen hinsichtlich der Art der Sache, die über die objektiven Anforderungen entscheidet (§ 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 2 BGB n. F.), zentrale Bedeutung: Wenn ein Gebrauchtwagen mit der Vereinbarung „Vornutzung als Taxi“ verkauft wird, ist dann diese Vereinbarung eine negative Beschaffenheitsvereinbarung, die von den objektiven Anforderungen an den Gebrauchtwagen abweicht, oder prägt sie die Art des Gebrauchtwagens und damit auch die objektiven Beschaffenheitsanforderungen? Im ersten Fall unterliegt sie § 476 Abs. 1 S. 2 BGB n. F., im zweiten Fall dagegen nicht.

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