Archiv des Autors: Sven Allinger

Aus der internationalen Rechtsprechung zum Kaufrecht

Aus der internationalen Rechtsprechung zum Kaufrecht

Prof. Dr. Ansgar Staudinger, Präsident des Deutschen Autorechtstages

Liebe Leserinnen und Leser,

grenzüberschreitende Sachverhalte bedeuten für viele in der Anwalt- wie Richterschaft eine wahre Grenzerfahrung. Schon die Suche nach der passenden Rechtsquelle, um etwa die internationale und örtliche Zuständigkeit zu ermitteln, gleicht im Vorfeld der Ostertage der Suche nach dem Ei des Kolumbus. Kopfzerbrechen bereitet dem Autohandel vor allem die Reichweite des Verbraucherschutzgerichtsstands in den Art. 17 ff. Brüssel Ia-VO. Als Blaupause mag hier ein deutsch-österreichischer Sachverhalt gelten, der am 9.3.2023 vom Europäischen Gerichtshof insbesondere die Feststellung der Verbrauchereigenschaft betraf (C-177/22). Unter welchen Voraussetzungen wird ein in Deutschland ansässiger Autohändler etwa in Salzburg gerichtspflichtig, wenn es vor allem um die Frage geht, ob hier tatsächlich auf der Erwerberseite eine Verbraucherin oder eher eine Scheinunternehmerin handelte. Im Ausgangssachverhalt musste sich der Gerichtshof in Luxemburg mit der besonderen Situation befassen, dass im Lager der Erwerberin ein Lebensgefährte stand, der selbst Autohändler sowie Geschäftsführer einer Online-Plattform für den Verkauf von Kraftfahrzeugen war und den Kontakt mit dem in Deutschland ansässigen Autohaus angebahnt sowie vermittelt hatte.

Der Streitpunkt, ob und inwieweit ein Käufer als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB gilt, hat immer wieder die hiesige Justiz bis nach Karlsruhe beschäftigt. Allerdings ist darauf zu achten, dass der Referenzmaßstab von §§ 13 und 14 BGB und mithin das Europäische Privatrecht ein gänzlich anderer ist, als derjenige auf der Ebene des Verbraucherschutzgerichtsstands nach der Brüssel Ia-VO. Wer also möglicherweise als Verbraucher nach § 13 BGB geschützt wird und mithin auf der Ebene des materiellen Rechts die Privilegierungen in den §§ 474 ff BGB für sich in Anspruch nehmen kann, muss nicht zwingend zum Kreis der Verbraucher in Bezug auf den Schutzgerichtsstand in den Art. 17 ff. Brüssel Ia-VO zählen. Vielmehr gilt es, die Welten des materiellen Rechts und des Internationales Zivilverfahrensrechts streng zu unterscheiden. Dies gilt nicht nur mit Blick auf gemischte Güter wie Autos, sondern auch gerade in Bezug auf den Umgang mit Scheinunternehmern und Scheinunternehmerinnen.

Streitfragen ergeben sich aber ebenso mit Blick auf die Bestimmung des Erfüllungsorts bei einer Neuwagenherstellergarantie. Dies belegt der Beschluss vom BayObLG (23.6.2023-102AR 9/23). Auch hier stellt sich zunächst wieder die Frage nach der einschlägigen Rechtsquelle. So mag man etwa im Kontext des Europäischen Zivilverfahrensrechts zu dem Ergebnis kommen, dass der Erfüllungsort einer vom ausländischen Hersteller gegebenen Garantie am Sitz seines mit der Garantieabwicklung betrauten Vertragshändlers anzunehmen ist. Mit Blick auf das nationale Prozessrecht, also auf die ZPO, erscheint bis zum heutigen Tag unklar, wo der Erfüllungsort bei einer Neuwagenherstellergarantie zu lokalisieren sein soll. Vor allem ergibt sich eine Ungereimtheit womöglich dadurch, dass der Bundesgerichtshof für Nacherfüllungsansprüche wiederum den Erfüllungsort in der Regel am Sitz des Verkäufers festmacht (BGH NJW 2011, 2278; NJW 2017, 2758).

Sollten Sie sich bei zuvor genannten Fallkonstellationen nicht trittsicher fühlen, treten Sie doch die Reise auf den Petersberg zum kommenden 17. Autorechtstag vom 18. bis 19 3.2024 an. Im Block „Internationales“ wird Ihnen leicht und verständlich nicht nur aktuelle Rechtsprechung des EuGH sowie aus Deutschland aufbereitet, sondern auch die Angst vor der Grenzerfahrung genommen. In Anlehnung an die Verleihung der Grammy Awards in der gestrigen Nacht heißt es dann: And the winner is…you!

Bis bald, Ihr

A. Staudinger

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