Die neuen Gewährleistungsregelungen im rechtlichen Bezug auf digitale Produkte im Kfz-Bereich

Prof. Dr. Stephan Lorenz, Ludwig-Maximilians-Universität München

1. März 2022

Das Auto entwickelt sich immer weiter zu einer digitalen Plattform. Durch die Umsetzung der Richtlinien zum Warenkauf und zu den digitalen Inhalten zum 1.1.2022 besteht nun für das Verhältnis zwischen Unternehmern und Verbrauchern ein neuer Rechtsrahmen sowohl für die technisch unabdingbaren digitalen Elemente eines Kfz wie etwa Steuergeräte und deren Software als auch für alle optionalen digitalen Elemente wie Software für Fahrassistenzsysteme, autonomes Fahren, connected car-Systeme, Navigationssysteme sowie die gesamte Unterhaltungselektronik.

Das seit dem 1.1.2022 geltende Recht über die Bereitstellung digitaler Inhalte (§ 327 ff BGB) sowie das reformierte Verbrauchsgüterkaufrecht schaffen hier nicht zwar einen rechtlichen Rahmen, aber auch vielfältige Abgrenzungsprobleme. Denn sog. „Waren mit digitalen Elementen“ sind Regelungsgegenstand beider Rechtsgebiete. Einerseits steht der kaufrechtliche Begriff des „Sachmangels einer Ware mit digitalen Elementen“ (§ 475b BGB), der für bewegliche Sachen gilt, die in einer Weise digitale Produkte enthalten, dass sie ihre Funktionen ohne diese nicht erfüllen können. Waren dieser Art werden allein durch das Verbrauchsgüterkaufrecht erfasst. Die Mehrzahl der digitalen features von modernen Kfz dürften hiervon jedoch nicht erfasst werden. Kann nämlich die Kaufsache ihre Grundfunktionen auch ohne in ihr enthaltene digitale Produkte erfüllen, kommt es zu einer Aufspaltung des Gewährleistungsregimes für die Hardware einerseits (Kaufrecht) und die digitalen Elemente andererseits. Letztere unterliegen dann den neuen Regelungen der §§ 327 ff BGB. Das bedeutet freilich nicht, dass bei Mängeln digitaler Produkte Rechtsbehelfe allein in Bezug auf diese ausgeübt werden können. Vielmehr können solche Mängel unter bestimmten Voraussetzungen auch dazu führen, den Vertrag insgesamt auflösen zu können.

Wichtigstes Element der Neuregelung ist sowohl im Verbrauchsgüterkaufrecht als auch im Bereich digitaler Produkte die update-Pflicht des Verkäufers. Deren Dauer unterscheidet sich danach, ob der Verkäufer eine einmalige oder eine fortlaufende Bereitstellung digitaler Dienstleistungen verspricht. In beiden Fällen bekommt der Vertrag dabei durch die – in zeitlicher Hinsicht unterschiedliche – update-Pflicht Elemente eines Dauerschuldverhältnisses. Die besondere Schwierigkeit besteht dabei darin, dass im Kfz-Bereich der im eigenen Namen auftretende Verkäufer diese update-Pflicht in aller Regel gar nicht selbst erfüllen kann, sondern insoweit auf den Kfz-Hersteller oder Drittanbieter angewiesen ist. Die entsprechend modifizierten Vorschriften über den Händler-Regress werden hier besondere Bedeutung erlangen.

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