Zur Angemessenheit der Frist zur Nachbesserung

Zur Angemessenheit der Frist zur Nachbesserung

Auch nach den Änderungen im Gewährleistungsrecht ist der Kunde nach Auftritt eines Defekts am Fahrzeug – will er seine möglichen Mängelrechte nicht gefährden – in der Regel gehalten, dem Händler Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben. Hierzu gehört nicht nur die mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Nacherfüllung, sondern auch die Bereitschaft des Kunden, dem Händler das Fahrzeug zur Überprüfung der Beanstandung zur Verfügung zu stellen. Im Regelfall muss der Kunde hierfür das Fahrzeug zum Firmensitz des Händlers bringen. Im Gegenzug darf der private Endkunde vom Händler einen Vorschuss auf seine Fahrt- bzw. Transportkosten verlangen.

Sobald der Kunde – ggfs. gegen Zahlung des Kostenvorschusses – anbietet, das Fahrzeug vorzuführen, sollte der Händler jedenfalls zügig tätig werden. Auch ohne ausdrückliche Fristsetzung des Kunden tickt ab diesem Zeitpunkt die Uhr. Der Händler muss – sofern sich ein Gewährleistungsfall nach der Überprüfung des Fahrzeugs bewahrheitet – innerhalb einer angemessenen Frist für Abhilfe sorgen. An der Frage, welcher Zeitraum im Einzelfall angemessen ist, entzündet sich naturgemäß Streit, wenn der ungeduldige Kunde Druck macht.

Grundsätzlich gilt: Der Kunde muss dem Händler die Zeit zugestehen, die dieser für die Reparatur bei objektiver Betrachtung aller Umstände benötigt. Es kommt also auf den konkreten Einzelfall an, bei dem z. B. folgende Umstände relevant sein können:

  • Art/Komplexität des Defekts: Die Behebung eines Motorschadens dürfte mehr Zeit beanspruchen als der Austausch eines Klimakondensators.
  • Leistungserschwernisse für den Händler: Händler hat keine eigene Kfz-Werkstatt, zudem verzögerte Terminvergabe bei anhaltend hoher Auslastung der Kfz-Werkstätten; Ersatzteile müssen erst noch beschafft werden; Instandsetzung kann nur durch Hersteller erfolgen (vgl. Software-Update im Abgasskandal).
  • Interessen des Kunden: Besondere Eil- und Notfälle, in denen der Kunde dringend auf das Fahrzeug angewiesen ist.

Käufer-Anwälte wähnen sich oftmals auf der sicheren Seite, wenn sie dem Händler eine Frist von 14 Tagen setzen. In Anbetracht der zuvor dargelegten Gründe kann diese Pauschalfrist sowohl zu kurz als auch zu lang sein. Eine zu kurze Frist schadet dem Käufer zwar nicht grundsätzlich, weil sie eine angemessene Frist in Lauf setzt, die im Falle des Rücktritts und der Ersatzlieferung durch Klageerhebung nachgeholt werden kann. Sie sperrt jedoch weitergehende Ansprüche des Käufers, wenn dieser die Mängelbeseitigung durch ein anderes Unternehmen vor Ablauf der angemessenen Frist vornehmen lässt. Weitaus schwieriger abzuschätzen ist die Angemessenheit der Frist aus Sicht des Verkäufers.

Eine 14-Tagesfrist verschafft ihm zwar einen gewissen zeitlichen Spielraum, der aber keineswegs in allen Fällen ausreicht. Man denke etwa an Lieferschwierigkeiten von Ersatzteilen oder an den aktuellen Fachkräftemangel und die Überlastung von Fachwerkstätten. Augenfällig wird die Problematik von Faustregeln auch dann, wenn man sich das Meinungsspektrum zu den Nachbesserungsfristen näher betrachtet. Es reicht von 5 Tagen für die Instandsetzung leichter und mittelschwerer Reparaturen im Bereich von Motor, Getriebe und Elektronik und erstreckt sich insbesondere in den Dieselfällen auf 2-8 Wochen, 3-6 Monate bis hin zur Jahresfrist und zum Zeitplan des Herstellers. Hinzukommt, dass bei den Nachbesserungsfristen unterschieden werden muss, ob es sich um einen Neu-oder Gebrauchtwagenkauf handelt und ob ein B2B oder B2C-Geschäft vorliegt. Für den reinen Gebrauchtwagenmarkt bleibt festzustellen, dass sich in der Rechtsprechung überhaupt noch keine Regelfristen herausgebildet haben.

Demnach stellt sich grundsätzlich die Frage, ob Faustregeln generell oder für bestimmte Mängelgruppen einen Sinn ergeben oder ob es nicht besser wäre, die Angemessenheitsprüfung im Einzelfall anhand des Sachvortrags der Parteien vorzunehmen. Darauf kommt es ohnehin an, wenn sie sich im Nachhinein über die Dauer der Nachbesserung streiten. Daher wäre es eigentlich konsequent, die beiderseitigen Argumente zur Angemessenheit bereits in das Vorfeld der Nacherfüllung zu verlagern. Bei der Gesamtproblematik handelt sich um ein weitgehend offenes, für die Praxis äußerst bedeutsames Feld, das es zu bestellen gilt.¹

Der Autorechtstag bietet die ideale Plattform zum fachlichen Meinungsaustausch auch zu diesem Thema.

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¹ Ausführlich zu den Zahlen und Faustregeln Almeroth und Jaensch in Reinking/Eggert, Der Autokauf, 15.Aufl. Kap.9 Rdn. 55, Kap.29 Rdn. 101.