Neue Wege bei der Berechnung der Nutzungsvergütung?
Stefan Obert, BVfK-Rechtsabteilung
Bei der Rückabwicklung eines Fahrzeugkaufs muss sich der Käufer für die Benutzung des Fahrzeugs Abzüge gefallen lassen. Orientieren kann man sich hierbei an einer in der Rechtsprechung anerkannten Formel, die berücksichtigt, wieviel Kilometer der Käufer mit dem Fahrzeug zurückgelegt hat. Im Extremfall kann es bei Vielfahrern soweit kommen, dass dem Käufer trotz berechtigtem Verlangen nach Rückabwicklung vom ursprünglich gezahlten Kaufpreis nichts mehr bleibt. So hat es der BGH erst kürzlich in einem VW-Diesel-Fall entschieden.
Jedoch kommt für den Verkäufer bei Anwendung der gängigen Formel nicht viel bei raus, wenn der Käufer nicht viel gefahren ist. In einem solchen Fall hat das OLG Koblenz (Urt. v. 27.04.2020, Az.: 12 U 1052/19) mit einem alternativen Gedankenmodell überrascht. Bereits die Möglichkeit, das Fahrzeug nutzen zu können, sei für den Käufer ein bemessbarer Wert. Diesen Wert schätzt das OLG Koblenz auf 5% des ursprünglichen (Brutto-)Kaufpreises pro Jahr. Dieser Mindestnutzungsersatz sei in jedem Fall vom Kaufpreis abzuziehen.
Es bleibt abzuwarten, ob die alternative Sichtweise des OLG Koblenz Schule macht. Jedenfalls lädt die bemerkenswerte Entscheidung zur Diskussion auf dem in Kürze stattfindenden 13. Deutschen Autorechtstag ein.
Gespann/Anhänger Haftung neu geregelt
RA Marcus Gülpen, Fachanwalt für Verkehrsrecht, Berlin
Der Gesetzgeber hat die Gespann/Anhänger Haftung – für viele bisher unbemerkt – neu geregelt.
Die Verschärfungen der StVO zum Thema Fahrverbote bei Geschwindigkeitsüberschreitungen hat wohl fast jede Kollegin, jeder Kollege, mit bekommen. Fast unbemerkt ist jedoch auch die Gespann/Anhänger Haftung im neuen Paragraph 19 und 19 a StVG geregelt worden. Das Gesetz ist zum 17.7.2020 in Kraft getreten.
Das Wesentliche: im Außenverhältnis – also für das Unfallopfer hat sich Nichts geändert.
Das Unfallopfer kann weiterhin die Versicherung des Anhängers oder der Zugmaschine zu 100 % in Anspruch nehmen, auch wenn das Fehlverhalten ausschließlich auf die Zugmaschine – den Führer der Zugmaschine – zurückzuführen ist.
Im Innenverhältnis hat der Gesetzgeber nun mehr die Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 27.10.2010 geändert. Nach der Rechtsprechung kam es praktisch immer zu einer Schadensteilung zwischen dem Versicherer der Zugmaschine und des Anhängers.
Nunmehr kommt es zu einer Entlastung des Anhänger Versicherers, da im Innenverhältnis der Anhänger Versicherer nur dann den Schaden zu tragen hat, wenn sich der Anhänger gefahrenerhöhend ausgewirkt hat, was – ausdrücklich – beim bloßen Ziehen nicht der Fall ist.
Es wird zukünftig zu neuen Streitigkeiten unter den Versicherern kommen zu der Frage, wann sich der Anhänger gefahrenerhöhend ausgewirkt hat.
So kann man sich durchaus Unfälle vorstellen, weil der Anhänger breiter ist als die Zugmaschine. Zudem der Klassiker, der zu eng abbiegenden Zugmaschine und des Streifschadens an einem gepackten Pkw durch den Anhänger. Was gilt, wenn die Bremse des Anhängers versagt oder wenn sich der nicht ausreichend gesicherte Anhänger selbstständig macht und einen dahinter geparkten Pkw beschädigt. All diese Fälle mussten in den letzten zehn Jahren nicht entschieden werden, da es die praktische hälftige Teilung des Schadens zwischen den Versicherern gab. Zukünftig wird es diesbezüglich mehr Streit geben. Es wird spannend.
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Mitteilung des Vorstands des Deutschen Autorechtstags vom 11. August 2020 zur Durchführung der Präsenzveranstaltung auf dem Petersberg am 28. und 29. September 2020: